Dr. Franca Siegfried Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
„Bless you too“ heisst der erste Robot-Priest: Sein Körper ist
ein ausrangierter Geldautomat, der mit Plastikteilen aus einem 3-D-Drucker
aufgemöbelt wurde. „BlessU-2“ ist zum Segnen programmiert und wackelt mit
Augenbrauen während seine Arme in die Luft greifen. Der Robot-Priest segnet
ohne zu schnaufen und zu schwitzen an der Weltausstellung der Reformation in
der Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Der Seelsorger aus Blech und
Plastik lässt seine Schäfchen anstehen. Ein „Gottes Werk“ zum Lächeln, dennoch fragt
sich manch Gläubiger im Stillen, ob das die Lösung für den Priestermangel wird...
Robot-Uli im Stall
„Uli der Knecht“ wird in Zukunft kein stattliches Mannsbild sein
wie etwa Schauspieler Hannes Schmidhauser, der in den 1950er Jahren in Gotthelfs
Roman den Meisterknecht spielte. In der Landwirtschaft 4.0 wird der Robot-Uli zur
Entlastung des Bauern ohne Murren und Lohn die Kühe füttern. Dienstfertige
Roboter stammen auch nicht mehr aus Science-Fiction-Films. Eine Truppe von Robot-Cops
werden in Dubai an der Expo 2020 für Ordnung sorgen: Mit Einheitsgrösse 1,70 m
und 100 kg schwer sind die übergewichtigen Blechcops nicht zu übersehen. Trotz
Uniform und menschlichen Zügen stecken an ihren Händen nur drei Finger – reicht
zum Salutieren.
Hello Robot
Die Robotik, von der digitalen Moderne angetrieben, hat
bereits Teile unseres Lebens- und Arbeitsalltags verändert. Manche haben
menschliche Gestalten, andere sind lautlos, gar unsichtbar. An der Vienna
Biennale in Österreichs Hauptstadt ist bis 1. Oktober eine umfassende
Ausstellung zu Chancen und Herausforderungen rund um die Robotik zu sehen. Noch
ist die Beziehung des Menschen zur neuen Technologie ambivalent, zumal sich die
menschliche Gestalt in der Robotik manifestiert. Warum Roboter wie Menschen
aussehen, das fragt sich auch die NZZ (28.08.2017): „Noch immer steht also das
Gesicht (der Kopf, der Geist) für den Menschen insgesamt, und nicht der Thorax
(oder der Bauch, das Geschlecht), noch weniger die Hand (für das Schaffen) oder
der Fuss (für das Fortkommen, das Explorieren, die Schwellenüberschreitung).
Woran die künftige Mensch-Maschine oder der Maschinen-Mensch individuell zu
erkennen sein wird − ob an seinem Gesicht oder an seinen Prothesen −, bleibt
indes abzuwarten.“
http://www.viennabiennale.org/ausstellungen/detail/hello-robot/
http://www.viennabiennale.org/ausstellungen/detail/hello-robot/
Die Spezie Robot
In der Zeitschrift "Aktuelle Juristische Praxis" (AJP) 2017/2 vom Dike Verlag beschäftigen sich mehr als 20 Juristen über das noch nicht etablierte
Roboterrecht aus schweizerischer Sicht. Drei Dinge muss ein Roboter
beherrschen, damit er zur Spezies Robot gehört: Die Welt um sich herum
automatisch wahrnehmen, seine Wahrnehmung analysieren und sich bewegen oder
agieren kurz gesagt – „sense, think and act“. Je nach ihren Fähigkeiten sind
sie Industrie- oder Serviceroboter zugeordnet. Der Industrie-Robot gehören zum
Proletariat, Service-Robots sind im Dienstleistunssektor unterwegs, etwa in der
Gastronomie oder in der Pflege. Butler haben im privaten Haushalt viele Rollen zu
bewältigen, vom simplen Staubsauger zum Scheibenwischer und Grasfresser für den
englischen Rasen. Die juristische Schwierigkeit ist eine saubere
Klassifizierung. Zudem sind gewisse Robots lernfähig, wie der „Robear“, der Krankenschwestern
im Spital zur Hand geht. Melinda F. Lohmann analysiert das Zivilrechtliche
mittels Szenarien, wenn der Staubsauger auf Irrwegen Stehlampen umfährt, oder
der „Robear“ ruppig wird und dabei Patienten verletzt. Wer ist in solchen
Situationen haftbar? Hersteller, Vertreiber oder gar der Bediener. Die Krux für
die Programmierer sind lernfähige Roboter; ihre Schöpfer wissen nie genau wie sie
sich entwickeln werden – je nach Umgebung. Zu dieser Frage müsste sich wohl ein
Roboter-Soziologie äussern (vgl. Melinda F. Lohmann, AJP 2/2017, Seite 152 bis
162).
Darf dich der Robot-Boss
entlassen?
Der Gedanke, dass wir in Zukunft einem Robot-Boss
unterstellt sein könnten, ist nicht abwegig, das bestätigt Isabelle Wildhaber.
Die Juristin untersucht die Fürsorgepflicht bei Arbeitsunfällen verursacht
durch den Robot-Boss. Viele, die sich per Internet bewerben, müssen sich öfters
einem Robot-HR stellen: „E-Recruting“ oder „Hiring by Algorithms“ ist in
Grossfirmen schon Alltag; dazu gehören Swiss, Manor, IBM und die Berner
Kantonsverwaltung. Damit können die Organisationen den Schutz der
Anstellungsdiskriminierung etwa bei Alter, Geschlecht, Nationalität umgehen. Nur
das „Firing by Algorithms“ lässt sich in der Schweiz nicht ausführen: Nach ZGB
muss die Entlassung immer noch ein berechtigter Vorgesetzter aussprechen (vgl.
Isabelle Wildhaber, AJP 2/2017, Seite 213 bis 224).
Vom Robot-Strafrecht
Was ist, wenn der Robot-Priest nicht mehr Segnen will und
zum Atheisten konvertiert? Wer hat die Sicherheit, dass der Robot-Cop nicht von
einem Hacker umprogrammiert wird und an der Expo 2020 in Dubai mit seinen 100
Kilo eine Schlägerei anzettelt? Knifflige juristische Fragen: „Schliesslich ist
die Beantwortung der Frage, ob ein Roboter selbst strafrechtlich zur
Verantwortung gezogen werden kann, im Lichte des heute mehrheitlich
vertretbaren Schuldbegriffs zwar noch nicht möglich (vgl. Nora Markwalder, Monika
Simmler AJP 2/2017, Seite 171 bis 182). Die Grenzen zwischen Mensch und
Maschine wachsen uns Menschen in der fortschreitenden Digitalisierung langsam über
den Kopf, verursachen Ängste. Noch distanziert sich der Wirtschaftsverband
Economiesuisse vom Roboter als Steuerzahler. Aber wenn die Kassen leer sind,
werden wohl auch Blech-Proletarier zur Kasse gebeten... (Berner Zeitung
23.08.2017)
Top-Robot-News, 29.
August 2017
Putzroboter löst nächtlichen Alarm in Elektromarkt aus. Drei
Streifenwagenbesatzungen fuhren zum Tatort in Lübeck, an dem Einbrecher
vermutet wurden. Die Beamten durchkämmten das Geschäft und entdeckten auf dem
Boden den Roboter. Der sei aus dem Regal gefallen und habe dadurch einen
Bewegungsmelder aktiviert. Der Putz-Robot war nicht im Dienst! Wer wird die
Kosten des Fehlalarms übernehmen?
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